Seit ihrer Gründung, versteht sich die Galerie im Gluri Suter Huus auch als Ausstellungsort für das herausragende regionale Kunstschaffen. Esther Amrein und Rosângela de Andrade Boss sind in der Region Baden-Wettingen sowohl künstlerisch als auch privat und beruflich verankert. Sie verfolgen je eine eigene künstlerische Praxis und arbeiten seit einigen Jahren auch im Duo. Im Gluri Suter Huus zeigen sie sowohl eigenständige sowie auch zusammen entstandene Arbeiten. Die Ausstellung bietet den Künstlerinnen erstmals überhaupt die Möglichkeit, sowohl das eigene wie auch das gemeinsame Schaffen in derselben Ausstellung umfassend zu präsentieren und zu kombinieren.
Esther Amrein (*1968) forscht seit vielen Jahren zum Medium Zeichnung. Auf vielfältige Art lotet die Badener Künstlerin aus, was für sie Linie und Verdichtung bedeutet. Mit überraschenden Ansätzen wie die Konstruktion einer eigenen portablen Zeichenmaschine, mit Algen oder mit Stickereien wird bei ihr die Zeichnung neu gedacht. Traditionelle Zeichenformen sind bei Amrein in der neuen Serie zu verlassenen Hafenkränen aus Genua ebenso vorhanden wie gestickte Bilder, die sie in Form von Büchern und hängend in einer Rauminstallation im Dachgeschoss präsentiert. In einer neuen Serie, die ebenfalls im Dachgeschoss ausgestellt ist, vermischen sich echte Algen und Cyanotypie zu einem unerwartet tiefgründigen Bildkosmos.
Die in Brugg wohnhafte und aus Brasilien stammende Rosângela de Andrade Boss (*1966) vereinigt spielerisch Farbflächen und Zeichnung. Organisch wirkende Tuschstrukturen fügen sich mit scharfkantigen Farbflächen zu einem wilden Reigen. Rosângela de Andrade Boss ist nicht nur eine Meisterin des Zusammenführens, sondern ebenso eine Meisterin des Weglassens. So sind die weissen Zwischenflächen oft genauso wichtig wie die gezeichneten und gemalten Elemente. In einer Rauminstallation im Dachgeschoss zeigt die Künstlerin bemalte und beklebte Kartonobjekte, die auf Tischen mit verspiegelten Oberflächen stehen. Die Installation trägt den Titel «Palafitas», was Stelzen bedeutet. Die Tische wirken gleichermassen instabil wie leichtfüssig. Die Objekte wiederum erhalten durch die Vielfarbigkeit eine starke Präsenz, die dem fragilen Material Karton trotzt.
Im Erdgeschoss sind ausschliesslich Arbeiten ausgestellt, welche die Künstlerinnen gemeinsam geschaffen haben. Ein grosser kollektiver Werkkomplex sind die Zeichnungen und dreidimensionalen Arbeiten zu Bergen, Tälern und Wasserfällen. Die «abgehobenen» Berge sind inspiriert vom Landschafts- und Alpenmaler Caspar Wolf, verweisen aber ebenso auf zeitgenössische Debatten um Klimaschutz und unseren Umgang mit Natur.
Text: Christian Greutmann, Sarah Merten
Bilder: Ullmannphotography